18.1. Chiang Mai und ein höllischer Touritrip

Tempel, Tempel, Tempel, Tempel, Touris! So schaut’s aus in Thailand…

Nach unserer Wiederkehr aus Pai musste ich mich schon nach zwei Tagen (mal wieder schweren Herzens) von der Bagage verabschieden. Schmutzi, Adi, Felix, Joschi und Lene zogen weiter nach Laos. Ich wäre wirklich gerne mitgegangen, aber die Angie ist schon fast auf dem Weg hierher und ich will natürlich mit ihr den neuen (noch) grauen Fleck auf der Landkarte erforschen. Also blieb ich alleine in Chiang Mai zurück. War aber nicht weiter dramatisch, denn ich freute mich drauf mal ein paar Tage allein zu sein. So richtig alleine! Ich blieb auch in der kleinen Pension in der wir untergekommen waren, weil hier einfach keine anderen Reisenden sind. (Ausgenommen ein paar Japaner, aber die sprechen kein Englisch also zählt das nicht. Außerdem hängen die eh 18 Stunden am Tag vor ihrem Ipad rum und skypen) Die letzten Monate war ich, bis auf die drei Tage in Indonesien, immer von Menschen umgeben und es tut einfach mal wieder gut etwas Zeit für mich zu haben. Man kann machen was man will, wann man will, wo man will und ist nicht ständig im Socializ-Zwang.

Nach wochenlangem Rumhängen (und 6 kg mehr auf den Hüften) und Nichtstun hat mich auch endlich wieder die Unternehmungslust gepackt. Am ersten Tag, noch mit Lene, erkundeten wir Mädels die Umgebung von Chiang Mai. Das war vielleicht ein Tag… Erst hatten wir einen Platten (Ein neuer Schlauch hat doch tatsächlich 5! Euro gekostet. 5! Wucher!). Dann wurden wir von der Polizei angehalten, weil Lene keinen Helm hatte und hätten fast einen Strafzettel dafür kassiert. Das Kunstdorf, welches im Lonely Planet als wunderschön betitelt wurde, stellte sich als Tourishoppingmeile heraus. Das bedeutet man kann dort nur unnötigen scheiß erwerben den keiner braucht, aber jeder Touri als Mitbringsel für daheim ersteht… Enttäuscht, aber noch nicht ganz demotiviert machten wir uns auf um den See auszukundschaften den unser Hostelbesitzer uns empfohlen hat. Der war wieder ganz nett, aber eigentlich auch nicht spannend. Sah genauso aus wie der Kirnbergsee in Unterbränd…

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Und der letzte Tagespunkt war… – natürlich ein Tempel. Auf einem Berg neben Chiang Mai thront dieser riesengroße goldrote Tempel und er wäre so bezaubernd gewesen, wären da nicht die anderen 1000 Menschen gewesen. Naja. Egal. So ist das halt in Thailand. Es gab zumindest ein paar nette Urlaubsbilder für Mutti und Vati (Tempel sehen auf Bildern immer toller aus als sie in Wirklichkeit sind)und für jeden von uns ein heiliges Baumwollarmband, welches uns ewiges Glück und Gesundheit bringen soll.

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Der Tag war nicht super, aber wir haben immerhin was gemacht.

Am nächsten Morgen verabschiedete ich mich von der Gruppe und zog los um mir das Zentrum von Chiang Mai anzuschauen. Ich sah einen Tempel, noch einen Tempel, einen Buchladen, Tempel, Buchladen, Tempel, Tempel, Buchladen, Tempel und dann hatte ich keinen Bock mehr. Chiang Mai hat über 300 Tempel und gefühlte 100 Buchläden. Am Anfang findet man es schön und interessant, aber nach dem 5 Tempel und 3 Buchladen macht’s halt echt keinen Spaß mehr. Kennt man einen, kennt man alle! Das gilt für Tempel, wie auch für Buchläden habe ich festgestellt. Ich verzog mich mit meinem Buch in ein Cafe und trank dort frisch gepressten Zitronensaft mit Minze. Das war so gemütlich und der Saft so lecker, dass ich mich dort für den Rest des Tages nicht mehr wegbewegte.

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Zurück im Hostel entschied ich, dass das noch nicht alles gewesen sein kann was Chiang Mai zu bieten hat und buchte für den nächsten Tag eine Tour.

Hier die Tourbeschreibung:

ONE DAY TREK

Visit Elephant camp in the north jungle and take elephant ride into the forest. Then, take a walk to visit Meo Hilltribe Village. After that walk back to have lunch and drive to visit Karen Hilltribe Village and then waterfall, enjoy swimming at the waterfall before drive back to take a bamboo raft. Lastly, return to town.

(Eins zu eins aus der Broschüre übernommen)

Ich erkundigte mich noch bei der Hostelmama, ob das wirklich eine Wandertour und kein Tourischeiß sei und sie sagte: „Yes, of course. It’s a real adventure. All my guests loved it. Not much Tourists.” Ok! Das hört sich doch gut an. Ich stellte mir den Trip ungefähr so vor:

Auf dem Rücken von Elefanten reiten wir querfeldein in den Dschungel um Orte zu entdecken die noch kein Mensch vor uns gesehen hat. Danach wandern wir stundenlang über die Berglandschaft und genießen den phänomenalen Ausblick über die Reisterassen um dann in einem einheimischen Dorf einzukehren, wo die Einwohner noch so leben wie vor 100 Jahren. Das anschließende Bamboorafting führt uns auf unruhigem Gewässer durch den Urwald und wir sind mindestens zehn Mal kurz davor zu kentern und zu ertrinken.

DAS ist für mich ein Abenteuer! Aber ich hätte es besser wissen müssen…

In Wirklichkeit lief es nämlich so ab:

Morgens um acht sammelte mich ein klimatisierter VIP-Van vor meinem Hostel ein, indem mich vier Kanadier (zwei Pärchen, bääähhh…) und ein uraltes französisches Pärchen (Bäähh) begrüßten. Weniger später stieß noch! ein spanisches Pärchen (Bäähh)  und zwei japanische Mädchen (Juhuu, Japaner sind wenigstens lustig) dazu. Ich schaute mich um und wollte sofort wieder raus. Ich ahnte schon wie der Tag laufen wird…  Fast alle trugen sie (bis auf die Japanerinnen, die sahen wie immer total overdressed aus) atmungsaktive und schnelltrocknende Trekkingklamotten inklusive Markenwanderschuhe oder ein Chang-Bier Shirt, khakifarbene Shorts, Sandalen und weiße Tennissocken. Ich schaute an mir herunter… Ausgelatschte Chuks, fleckige Shorts und ein müffelndes, verratztes Top. Traveller vs Tourist! Spätestens als sich rausstellte, dass die französische Krampfadervereinigung kein einziges Wort Englisch sprach und ich mit meinem spärlichen Schulfranzösisch Übersetzter spielen musste realisierte ich, dass ich in der Tourihölle angekommen war.

Ich versuchte es mit Humor zu nehmen und begnügte mich damit bei jeder Touriaussage in mich hinein zu kichern. Ist schon echt witzig wie die sich anstellen. Auf der Hinfahrt zum Beispiel fuhr der Vanfahrer etwas zu schnell über einen Straßenhubel was gleich von den Kanadiern mit „Oh my God! We’re really in the 3. world. The streets are full with holes. I hope he drives carefully. It is so dangerous here and I don’t want to have an accident.” kommentiert wurde. I saß da, dachte zurück an die Straßen auf den Philippinen oder Kuta/Lombok und schüttelte nur den Kopf. Zur Info: Die Straßen in Thailand sind spitze!

Am Elefantencamp angekommen ereilte mich schon die nächste Enttäuschung. Elefanten so nahe zu kommen war schon echt cool und auf ihnen zu reiten auch, ABER…

  1. Die Tour war eher wie Ponyreiten, kein wirkliches Abenteuer. Einmal eine Runde im Kreis auf einem vorgegeben Weg.
  2. Wurde mit den armen Tieren so schlecht umgegangen, dass ich nach 500 Metern wieder absteigen wollte. Mein Elefant war etwas bockig und wollte eher fressen als laufen und wurde dafür mit einem Stock an dem ein langer Nagel befestigt war malträtiert. Richtig gemein! Der Typ hat dem armen Elefanten die ganze Zeit ins Ohr, auf den Kopf oder auf den Rüssel gehauen. Mit der spitzen Seite versteht sich. Ich bat den Elefantenführer absteigen zu dürfen, aber der verstand leider kein Englisch und von einem drei Meter hohen Tier in den Dschungel zu hüpfen hab ich mich dann doch nicht getraut.

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Es gab zwar ein tolles Foto, aber genießen konnte ich es nicht. Ich war eher kurz davor nachts das Camp zu überfallen und alle Elefanten in die Freiheit zu entlassen…

Nach dem Elefantenreiten wurden wir alle wieder in den Van gesetzt (in der Beschreibung stand aber wandern!) und es ging weiter zu dem alten Bergdorf. Dieses entpuppte sich, wie kann es auch anders sein, als Tourispot. In jeder Hütte war ein kleiner Shop, indem man Tücher, Täschchen, Armbänder, T-Shirts etc kaufen kann. (Überall der gleiche Mist)  Mit Kultur hatte das wenig bis gar nichts zu tun. Ich wurde auch echt ein bisschen stinkig, weil wir in dem Dorf eine Rast von einer Stunde machen mussten, damit auch alle schön was kaufen! Ich wollte wandern und Abenteuer!!! Endlich hatten alle ihr Geld verprasst und die eigentliche „Wandertour“ konnte beginnen. Wandertour! Wandern bedeutet für mich stundenlang durch die Pampa zu marschieren und die Natur bewundern. Auf touristisch läuft das aber anders ab. Wir spazierten vierzig Minuten einen Weg entlang der uns, ooooohhhhhh wir aufregend, über zwei Bambusbrücken führte. Diese Brückenüberquerungen nahm doch tatsächlich zwanzig von den vierzig Minuten wandern in Anspruch. Die haben sich so in die Hose gemacht, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Alle schlichen sie im Schneckentempo über die fünf Meter lange Brücke und setzten vorsichtig einen Schritt vor den anderen um ja nicht abzurutschen und ins Wasser zu fallen.

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Unglaublich! Aber wenigstens war es lustig. Vor allem die zwei Japanerinnen, welche bei jedem Schritt quickten und ihren Hut noch ein bisschen fester packten (siehe Bild). Zum nächsten Tagespunkt, der Wasserfall, muss ich nichts sagen. Einfach langweilig!

Nachdem alle kurz geplanscht hatten wurden wir wieder in den Van befördert und es ging zum Lunch. Wenigstens das Essen war superlecker… Für mich zumindest. Es gab Reis, Curry, Gemüse, frische Früchte… Dem Rest hatte es nur mäßig geschmeckt was zu einem Gespräch über das thailändische Essen und gute Restaurants in Chiang Mai führte. Es wurde debattiert und man kam gemeinsam zu dem Entschluss, dass das wahre und wirklich leckere Thaiessen nur in den jeweiligen All-Inclusive Hotels zu finden sei. Kein scheiß! Ich übertreibe nicht! Genauso lief das ab.

Spätestens an dem Punkt wollte ich zurück ins Hostel. Ich war gelangweilt, genervt und ich ahnte, dass das Bamboorafting den Tag nicht mehr retten wird. Überraschenderweise tat es das aber. Es war jetzt keine spektakuläre Entdeckungstour, aber unser Flosskapitän sah mir wahrscheinlich an wie gelangweilt ich war und das ich keine Lust mehr hatte mich mit den Franzosen zu unterhalten (Natürlich wurde ich den ganzen Tag immer in deren Gruppe eingeteilt, denn mit wem sonst hätten sie sich unterhalten sollen…) und bot mir an das Ruder in die Hand zu nehmen. Das war cool. Nur mit einem Stab in der Hand lenkte ich unser Boot den Fluss runter durch den Dschungel und stürzte sogar einmal fast ins Wasser, weil ich eine Stromschnelle etwas unterschätzt hatte. Durch diese Wendung endete der Tag dann doch nicht so blöd wie er angefangen hatte.

Das war meine Trekkingtour!

Ihr fragt euch bestimmt, warum ich so schlecht auf Touristen zu sprechen bin. Ganz einfach! Jeder Reisende sieht den Tourist als Parasit an, der von Hotel zu Hotel reist mit seinem abschließbaren Köfferchen und seiner Multifunktionskleidung. Der Tourist zahlt jeden (noch so hohen) Preis, ist ständig am meckern, hat keine Ahnung von der wirklichen Kultur und legt mehr Wert auf schöne Urlaubsbilder. Er ist meistens nicht bereit über den Tellerrand zu schauen und zu checken warum hier eigentlich alles so billig ist und außerdem… Sie sind halt einfach Touristen. Sie rennen halb nackt durch die Gegend, denken sie können sich alles erlauben und geben einen Dreck drauf ob das hier als respektlos erachtet wird oder nicht. Sie fliegen nach drei Wochen Hotel- und Sehenswürdigkeitenrun wieder nach Hause und sind der festen Überzeugung das Land in dem sie ihren Urlaub verbracht haben wirklich gesehen und kennengelernt zu haben.

Philipp Mattheis hat es mal ganz passend ausgedrückt:

Der Reisende zieht mit einem Rucksack durch die Gegend und dieser sagt über ihn aus: „Hey. Ich will die Welt sehen, Menschen treffen und von anderen Kulturen lernen“. Der Rollkoffer der Touris sagt: „Fass mich nicht an. Ich bin gesichert.“

Und so ist es auch. Ihr seht: Ich bin ganz schön genervt von dem Touritag 😀

(Und beim zweiten Mal durchlesen stelle ich auch eine gewisse Arroganz fest. Von wegen Reisende sind was besseres, weil sie die Welt sehen und verstehen… Hahaha 😀 So ist es natürlich auch nicht. Aber ehrlich! Jeder Reisende würde mir zustimmen! Alle sind genervt von Touristen, ihrem Gebärden und vor allem von ihren Aussagen bzw Gesprächstehmen.)

So, wenn dieser Punkt erreicht ist wird es Zeit weiterzuziehen. Ich denke ich habe Chiang Mai und Umgebung ausreichend erkundet und alles gesehen, was es zu sehen gibt. Ich mach mich später auf den Weg zum Bahnhof um mich langsam aber sicher wieder nach Bangkok zu begeben. Natürlich nicht direkt. Ich habe noch vier Tage bis ich Ada in Bkk wiedertreffe und diese Zeit soll nicht ungenutzt verstreichen. Erst mal mache ich einen Stopp in Lopburi, einer uralten Stadt die anscheinend 6-11 Jahre n. Chr. erbaut wurde, und dann geht’s noch für einen Abstecher nach Ayutthaya, der ehemaligen Hauptsadt von Thailand.

Also, Servus!

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